25.3.06

Ingenieurskunst

Ein Klotürenschloss - so meint man - ist eine furchtbar simple Angelegenheit. Im einfachen Falle handelt es sich um einen Riegel, einen Schlüssel oder einen Knebel, im allereinfachsten Falle gar nur um einen Drahtbügel, der irgendwie um einen Nagel oder eine Öse gewinkelt wird und die Tür eines mehr oder minder übelriechenden Schuppens geschlossen halten soll.

In Ländern, in denen mehr als drei Monate lang Schnee liegt, ist das anders. Dort sind Schlösser von Klotüren wahre technische Wunderwerke; vermutlich von lichtscheuen Waldbewohnern ersonnene, mit wahrhaft teuflischen Sperrmechanismen versehene Kleinodien der Ingenieurskunst. Darüber hinaus sind diese Biester von solch sinistrer Mechanik, dass sogar der Marco Polo-Reiseführer "Finnland" dem finnischen Klotürenschloss eigens ein Kurzkapitel widmet.



Wer dereinst also einen verschämten Anruf von einem angejahrten Familienmitglied im Seniorenalter bekommt, das mit einer Studiosus-Reise in Finnland weilt oder eine Ostseekreuzfahrt tut und leise auf der Helsinkier Bahnhofstoilette ins Handy flüstert: "Verdammt - ich krieg die Klotür nicht mehr auf!", ist gut beraten, sich der folgenden drei Prinzipien der finnischen Klotürenschlosskunde zu erinnern:

Erstens: finnische Klotüren schließt man falschrum ab. Man dreht den Knebel zur Türangel hin, um abzuschließen. Unglaublich, wieviele Studiosus-Reisende pro Jahr aus finnischen Toiletten befreit werden müssen, weil sie sich dieses simplen Sachverhalts nicht erinnern, denn:

Zweitens: finnische Klotürenschlösser betätigen keinen Riegel, sondern blockieren die Klinke. Auf die Idee muss man erstmal kommen.

Drittens: wer nun, der Panik oder dem verfrühten Herztod nahe, versucht, die Klinke herunterzudrücken (die sich natürlich keinen Millimeter bewegen lässt; siene "Zweitens") und gleichzeitig den Knebel zu drehen versucht, blockiert den gesamten Mechanismus wechselseitig und riskiert, auf der Flughafentoilette von Utsjoki seinen Lebensatem auszuhauchen.


Zugabe: da Finnland auch ein Land des guten Designs ist, gibt es hier auch Klotürenschlösser, die ganz ohne Knebel auskommen. Das Bild links zeigt ein solches im verschlossenen Zustand.

Postskriptum:An Klotüren in finnischen Kneipen findet sich übrigens in den letzten Jahren vermehrt der Hinweis, dass man bitte keine Getränke mit auf's Klo nehmen möge.
Und für alle finnische Besucher von Gaststätten in Deutschland: richtig! In Deutschland kommt auf Kneipenklos kein warmes Wasser aus dem Wasserhahn. Gibt nämlich meistens keine Warmwasseranschlüsse dort. Aber ungefähr dreimal im Jahr gibt's Einhand-Hebelmischer für 19,95 bei ALDI.