21.6.05

Your lupines, please!

mit mehrmaliger namentlicher Erwähnung, aber ohne Foto von Ursula Engelen-Kefer

Man sieht es am noch vereinzelt auf Autorücken prangenden Nationalitätenkennzeichen (meist auf den alten, denen mit der weißen Schrift auf schwarzem Grund): "SF" steht dort. Einem alten Kalauer folgend, steht das für "Sowjet Finland". Und schaut man sich ein typisches finnisches Mittelzentrum mit 30.000 Einwohnern mitten im Winter einmal an, so stimmt man unweigerlich zu. Man stelle sich vor, Essen-Steele oder Gladbeck-Nord mal so richtig eingeschneit unter einem wintergrauen Himmel liegen zu sehen. Dann hat man eine ungefähre Vorstellung von Hämeenlinna, das wir vor einigen Jahren uns in tiefster Winterdepression anzusehen genötigt sahen.

Aber mehr noch: auch im Sommer lässt sich der Eindruck, es gäbe in diesem Land eine zentrale Planungsbehörde, nur schwer abschütteln. Der Gründe dafür gibt es viele. Am nachhaltigsten wirken jedoch dieser Tage: die Lupinen.
Wir erinnern uns noch an den alten Monty Python-Sketch? Dennis Moore, ein Robin-Hood-Verschnitt (gespielt von John Cleese), bestiehlt die Reichen und gibt den Armen - Lupinen.
Um solche Wegelagerei zu verhindern, muss sich jemand in der finnischen Regierung gedacht haben: "Ei, da wischen wir dem feinen Herrn Räuber doch mal eins aus" - und pflanzten selbst Lupinen an den Straßenrändern. Tonnenweise. Vereinzelt sieht man sie auch auf den schicken Webcam-Bildern, die die finnische Tiehallinto ins Netz stellt, wo man sie vereinzelt als lila Flecken entlang der Straßen ausmachen kann (, z.B. auf der KT51, Inkoo. Auf den Vormittagsbildern kann man's besser sehen).
Einen Gedanken allerdings kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen: warum sind die alle lila? Konnten die Lupinenfabriken im finnischen Staatssozialismus keine andere Farbe herstellen? Oder haben sie zwecks Valuta alle anderen Farben an den kapitalistischen Westen verkauft?

Dass sie alle die gleiche Farbe haben, liegt vielleicht daran, dass Ungleichheit allzu leicht das Gefühl von Ungerechtigkeit erzeugt. Obwohl ja auch die Finnen nicht gerade arm an Ungleichheit sind. Nur: entweder ist sie hier leichter zu ertragen als anderswo - oder es gibt hier einfach nicht so viele Leute wie Andrea Nahles oder Ursula Engelen-Kefer, die sich ja jederzeit vehement für Gleichheit einzusetzen bereit sind. Nun gut - U E-K ist etwas gleicher als gleich: es ist in ihrer Gewerkschaft seit jeher gute Sitte, dass man sich für die Wahlperiode, in der man selbst das Rentenalter erreicht, nicht mehr für den Vorsitz aufstellen lässt. Genau dies tut sie jedoch. Und wettert gleichzeitig veement dagegen, die Lebensarbeitszeit zu verlängern.

Damit allerdings liefert Ursula Engelen-Kefer ein schönes Bild ab für die Schwierigkeiten, die Deutschland und die Deutschen gegenwärtig so haben: nämlich der Unsinn, Forderungen zu erheben, die für alle gelten sollen - nur nicht für einen selber.

Mehr von Lupinen und Politikern im zweiten Teil. Wahrscheinlich kommt Frau Ursula Engelen-Kefer aber nicht mehr drin vor. Dafür aber ein Dreiliterauto und das finnische Bruttoinlandsprodukt.