4.6.04

Entscheidungsschlacht bei Aldysburg

north vs. south

als meine freundin gestern nach hause kam, hatte sie einen grossen karton unter dem arm, auf dem deutliche blutspuren zu sehen waren. auf meine frage hin:“was ist das und was ist vor allen dingen das? (mit letzterem meinte ich die blutspuren auf dem karton)“ bekam ich nur ein ermattetes seufzen und „später!“ zu hören.

was in dem karton war ist schnell gesagt: ein billigfernseher von aldi. der wurde noch vor dem duschen im schlafgemach aufgebaut. jetzt wurde mir klar, woher die blutspuren am karton kamen; aus dem unterarm meiner freundin.
„ist das dein blut?“ fragte ich, mit einem blick auf den karton.
„nicht nur!“ die trockene antwort mit einem gefährlichen flackern in den augen. „ich geh jetzt kurz duschen, dann erkläre ich es dir.“

nach dem duschen und verbinden des unterarmes bekam ich dann folgende geschichte zu hören:

wie jeden mittwoch morgen studierte meine freundin den aldi flyer, immer in der hoffnung auf billigen nützlichen oder billigen unnützen schnickschnack zu stossen, der kaufenswert ist. in diesem fall fiel die wahl auf einen kleinen fernseher mit allem drum und dran: fernbedienung, videotext, flatscreen,etc. „den hol ich mir nach der arbeit“ dachte sie sich.
normalerweise sind bei unserem aldi die aktuellen angebote vergleichsweise lange verfügbar, weil in unserem etwas gesättigten wohngebiet jeder alles hat. (erst neulich hörte ich jemanden an der kasse vor mir stöhnen: „laptop, laptop…schon wieder eine laptop…wer braucht denn jedes halbe jahr einen neuen laptop?“)

als wäre das schicksal aber nun völlig vernagelt, blieb von dem kontingent billigfernseher eben genau einer übrig, als meine freundin sich dem aldi markt näherte. da man bei unserem aldi schon durch das frontfenster sehen kann, wie viel stück von irgendwelchen angeboten noch verfügbar sind, wurde ihr schnell klar: „das wird eng!“ man kann die begehrten stücke durch das fenster zwar gut einsehen, aber hin kommt man nicht schnell. man muss sich zunächst den weg durch den kompletten restmarkt bahnen. vorbei an allen hollandgemüsen, gepanschten weinen, fiesen knoblauchwürsten aus ungarn, homogenisierten frischkäsen, zuchtlachsen mit sosse, vorbei an dem kompletten knabberkram dieser welt, den süsswaren von markenartiklern die auch im billigsektor noch kohle machen wollen, schlechten gefrier fertiggerichten in denen ein kilo hühnerfleisch billiger ist als eine apfelsine beim türken nebenan…vorbei…vorbei…vorbei.

nun muss man dazu wissen, dass meine freundin nicht gerade gerne läuft. aber in diesem fall war sie gewillt eine ausnahme zu machen. sie beschleunigte also ihren schritt und näherte sich leidend der letzten, entscheidenden kurve, die den blick freigeben sollte auf den herrlichen fernseher.
aber dann, als sie erst halb rum war um die kurve, erkannte ihr geschulter psychologenblick die situation blitzartig. in dem gang vor ihr befanden sich fünf personen. vier davon waren ungefählich. der eine stocherte lustlos in den verbliebenen fertiggerichten zu 1,23 € herum, weil hühnerfrikassee mal wieder als erstes alle war. ein pärchen mit dicken augen packen grosszügig windeln in den einkaufswagen und eine alte oma mit rentnerporsche hatte sich zwischen spüllappen, jodsalz und einer palette gartenstühle verkeilt.
aber ach…die vital wirkende mitt-zwanzigerin, sie war bedrohlich. offensichtlich war sie nicht mal aus der gegend, wie ihr t-shirt deutlich verriert: „I like (herzchen) Munich“. auch ihr teint war deutlich zu dunkel für eine gebürtige flachländerin. ihr raubkatzen blick hatte gerade eben jenen goldklumpen in form eines fernsehers fixiert. entschlossen aber noch ahnungslos näherte sie sich der überdimensional gross wirkenden palette mit dem einen, letzten, kläglichen, verlorenen fernseher.
der abstand zwischen meiner freundin und dem fernseher betrug etwa sieben meter, der der fast-mediterranen raubkatze ca. die hälfte. ein leiser fluch bahnte sich den weg aus dem mund meiner freundin: „niemals, miststück!“. nicht leise genug; die münchener bierkrug-trägerin drehte langsam den kopf in richtung meiner freundin, erkannte die situation, drehte, wie in zeitlupe den kopf zurück und machte gleichzeitig einen schritt in richtung streitobjekt.
jetzt blieb meiner freundin nichts anderes übrig. verzweifelt versuchte sie den restlichen weg um die kurve durch die kühltruhe hindurch abzukürzen.
mit schmerzhaften erfolg.
ihr arm blieb an der scharfen metallkante der truhe hängen und wurde auf gute zehn zentimeter tranchiert. adrenalin schoss in den körper, schmerz wurde ignoriert…geschickt fing sie das ungleichgewicht auf und fiel zunächst in einen leichten trab, gefolgt von schwerem galopp. die schlampe aus dem süden hatte ein handicap, sie konnte sich weder mental noch körperlich von ihrem liebevoll gepackten einkaufswagen trennen und so prallten die beiden kontrahentinnen genau an der fernseher palette aufeinander.



jetzt war die entscheidung schnell gefallen. mit einem geübten kopfstoss in kombination mit fingernageleinsatz entriss meine freundin der gebirge-bewohnerin das diebesgut und entschwand mit einem verächtlichen grunzen in richtung kasse.
der vollgeblutete karton war schnell bezahlt, die verletzte bmw-fahrerin wurde vom marktleiter betreut und ab da ist der verlauf der geschichte bekannt.

mal sehen, was es nächste woche im angebot gibt.
ich weiss, warum ich nur zum aldi gehe, wenn ich mit sicher bin, dass meine freundlin woanders ist.

1 Comments:

Teltschik said...

... da moechte ich nicht die schlampe gewesen sein. friede ihrer asche...

10:53 PM  

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