25.3.05

what did your last hero die of?

the wedding present, köln, prime club, 24.03.05

was haben wir diese band geliebt. vor ungefähr 15 jahren, als wir uns das letzte mal hier gegenüber standen. damals hiess der laden noch luxor und wir hatten lustige frisuren mit mustern auf dem hinterkopf. nicht, dass wir später nicht mehr hier gewesen wären. aber dieser abend war wichtiger als viele, die folgen sollten. denn nach diesem abend haben wir uns unsere halbakustische ibanez artstar gekauft. nach diesem abend gehorchten die songs in unseren bands strikt dem leiseleiselautleiselautlautleiseleisesehrlautbiszuende schema. wegen dieses abends bekam der ausdruck "gitarrenwand" eine neue dimension, die freunde, bekannte und zufällige besucher zahlloser konzerte leidvoll erfahren mussten.

aber das war nur angemessen, in anbetracht dessen, was an jenem abend über eine horde jungs anfang zwanzig hereingebrochen war. und wer nicht dabei war, musste es mitgeteilt bekommen: jene ersten fünf songs nach denen alles was noch kam (und nicht weniger grandios war) fast schon egal war: silver shorts - suck - kennedy - blue eyes - crawl. vielleicht war es manchen nicht egal, dass herr gedge vor dem letzten song seine notorisches "valls ir uns nog nischt gesähin abt, wir spillen kain sugabin." verkündete. auf jeden fall rührte das folgende octopussy 200 unglaublich harte indierock-jungs fast zu tränen.

und so sind wir heute wieder da. direkt aus dem büro herbeigehetzt und nicht aus dem proberaum, okay. inzwischen nichtrauchende becks gold trinker. wegen der kleineren flaschen. von den frisuren ganz zu schweigen. aber trotzdem hier. hier und nicht auf dem inzwischen so vertrauten heimischen sofa. also wenigstens die meisten.

doch auch auf der bühne sind verluste zu beklagen. sind das nicht die gleichen leute, die letzten sommer noch als cinerama auf der bühne standen? naja. solange david gedges stimme über allem knödelt, sind das the wedding present. fertig. und dann soll es auch egal sein, dass das neueste werk ausser dieser stimme nichts unverkennbares mehr aufweist. wegen dieser platte sind wir ja schließlich nicht hier.

trotzdem nehmen wir es klaglos hin, dass der abend nicht mit brassneck, bewitched oder gar silver shorts anfängt, sondern mit dem uninspirierten geschwubber von "on ramp" und dem belanglosen "interstate 5" gleich hinterher. erst als sich 20 minuten später noch nichts von jenem zauber eingestellt hat, beginnen wir zu analysieren, wie es uns die zwischenzeit gelehrt hat: welche parameter haben sich verändert? welche sind relevant? welche zu vernachlässigen? liegt es daran, dass wir damals aus dem proberaum kamen, und heute aus dem büro? ist becks gold doch das falsche bier für so einen abend? fehlt das band shirt, von dem wir dachten, dass es sich über dem ansatz eines bierbauches einfach nicht mehr so gut macht? sollten wir nicht doch mal fix eine rauchen?

oder liegts am ende garnicht an uns? spielt der meister wirklich die falschen nummern? ohne jeden schwung schrubbt sich die band durch relativ gute songs, die im schatten derer, die an ihrer stelle stehen könnten, aber eher kläglich wirken. um schließlich selbst mit dem finger auf das problem zu zeigen: "i'm sorry, i wrote so many fantastic songs. i can't play them all."

oha. was nun? wer geht hin, und sagt ihm dass er einige fantastische songs, viele gute und ein paar total überflüssige geschrieben hat? und dass er mit diesem schnitt zwar immernoch ganz weit vorne liegt, er aber heute abend bitte doch lieber die 20 fantastischen songs spielen soll? dass er nicht irgendwelche songs von den hinteren bänken nach vorne zitieren muss, um uns - seinen schülern und jüngern - zu zeigen, dass es da doch ein paar zu wenig beachtete perlen gibt? dass er leuten jenseits der dreissig mit so einem quatsch nicht mehr kommen soll? dass auch bretterwände zimmern eine dienstleistung ist, und ein wedding present konzert kein gottesdienst sondern after-work-abendunterhaltung? keiner. wie auch? das verbietet der respekt vor einem, den uns john peel als meister des songwriting vorgestellt hat.

und so nimmt die ü30 party einen eher faden verlauf. daran ändert dann auch der vorübergehende wiederaufbau der bretterwand gegen ende der feierlichkeiten nichts mehr. wir gehen gegenüber noch ein paar mineralwasser trinken und diskutieren darüber, ob der verrat von bandshirts und zigaretten was mit dem gefühl zu tun hat, dass es alleine auf dem sofa doch am lustigsten ist. und als einer erzählt, dass sie im büro jetzt einen proberaum haben, wegen der kreativen pausen und so, muss ich zugeben, dass sich david gedge eigentlich doch noch ziemlich gut gehalten hat.

grund genug für eine kleine referenz: listen to great dynamo's version of the wedding present's brassneck

4 Comments:

atompommes said...

You name it: Anfang zwanzig. Das ist gerade mal kurz nach Halbzeit, von heute aus gesehen.
Wenn ich mir überlege, ich sollte heute nochmal auf ein Melvins- oder Gwar-Konzert ... verdammt gut möglich, dass ich direkt das heimische Sofa vorzöge. Obwohl mir als Nichtmusiker wahrscheinlich doch auch ein Verständnisgen für die monströse Ästehtik von Gitarrenwänden fehlt. Gottlob auch das Verständnisgen für Wohnwände.

7:59 PM  
nasowas said...

ach, ich weiß nicht recht. ein mittelmäßiges konzert ist ein mittelmäßiges konzert ist ein mittelmäßiges konzert...
das muss doch nicht notwendigerweise mit unseren leicht veränderten lebensumständen oder gar mit unserem fortgeschrittenen alter zu tun haben. oder?

3:08 PM  
great dynamo said...

tja. das sit ja genau die frage, die sich der leicht deprimierte autor auch stellte: bin ich zu schlapp oder war es das konzert? wir werden diese entwicklung bei zukünftigen konzerten im auge behalten. interessant wäre ja auch mal die meinung des krahl. der war meines wissens auf selbiger veranstaltung in hamburg.

und in wahrheit hab ich ja nur einen grund gesucht, euch meine brassneck version unterzujubeln.

5:58 PM  
forgetaboutit said...

"Nostalgie für die Musik früherer Jahrzehnte handelt nie von der verlorenen Zeit, sondern immer von der verschwundenen Heftigkeit des eigenen Erlebens."

Irgendwie passt die Konzert- bzw. Zustandsbeschreibung herrlich zu unserer "Unstimmigkeit" über den obig zitierten Satz eines anderen alternd enttäuschenden Helden (N.Hornby)und bestätigt nebenher noch,daß es offensichtlich das "lebensverändernde Konzert" und die daran geknüpften Erwartungen doch gibt (unglaublich für eine Konzert-Phobistin ;-))...

Helden werden schlicht nicht zu solchen auserkoren, um dann im Gleichschritt mit ihnen in ihrer Alltagsuntauglichkeit zu altern...

12:16 AM  

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