11.5.04

born to be dabei

radrennen rund um die kö, düsseldorf, 9. mai 2004

düsseldorf, königsallee, sonntagnachmittags. dort, wo sonst essener neureiche ihre überteuerten cabrios spazieren fahren, steht ein häuflein radsportbegeisterter und fiebert. mit spannung erwarten wir den auftritt von heiko fischer. radsportkennern sicherlich bekannt als der mann, der dem traditionsreichen radsportverein blitz barmen im vergangenen jahr zu einem großen erfolg beim kriterium in straelen verhalf. der mann, der die wuppertaler radsport-tradition in eine goldene zukunft führen soll. der hochaufgeschossene hüne mit dem unnachahmlich lockeren fahrstil. der die grazilität eines eddi merckx mit dem kämpferherz eines richard virenque verbindet. kurz: der jan ulrich des jahres 2010.

hier zur erinnerung nocheinmal der zieleinlauf des c-rennens in straelen (niederrhein) am 9. märz 2003:
Nen C
1 Heiko Fischer (Ger) RV Blitz Barmen
2 Ralf Wienand (Ger) RSC Stadtlohn
3 Marsel Kropp (Ger) RG Sturmvogel Kohlscheid


[bei dem mann im gelben trikot handelt es sich NICHT im heiko fischer, sondern um marcel fischer. ob eine verwandtschaftliche beziehung besteht, konnte bislang nicht geklärt werden]

das profi rennen startet in wenigen minuten und wir richten uns auf 88 runden packenden radsport ein. heiko fischer, der blitz aus barmen mitten drin im kampf um die spitze. großer sport.

der startschuss fällt.


[das feld rast, nein es blitzt in richtung der ersten kurve, wo wir heiko erwarten.]

er ist noch nicht ganz vorne zu sehen. aber warum auch? das rennen ist lang. als das feld fast vorbeigerauscht ist, entdecken wir unseren liebling. in seiner typisch erhabenen haltung fährt er ca. zwei meter hinter dem feld. den vorletzen sicher im blick, mit dem entspannten lächeln des taktischen meisters. "er liest das rennen" raunen wir uns zu, und zünden uns eine zigarette an.


[im peloton ist's eng. heiko hält sich raus.]

15 runden später hat sich an heikos position nichts geändert. seelenruhig radelt er hinter der meute her. nicht mehr und nicht weniger. dafür setzt sich an der spitze eine sechsköpfige gruppe ab. die zukunft des deutschen radsports scheint das nicht zu beeindrucken. konzentriert hält er den abstand von zwei metern zu seinem vordermann. dem vorletzten. es sind noch über siebzig runden. wir schlendern gemächlich in den zielbereich, wo kaffee, kuchen, bockwurst und bratwurst gerade aus sind. es gibt aber noch bier. auf der bühne in höhe der ziellinie spielt die band gerade sweet home alabama. schnell entfernen wir uns und beziehen auf einem unbewohnten sattelschlepper einige meter hinter dem ziel stellung. von hier aus können wir das feld auf beiden langen geraden gut beobachten. die spitzengruppe holt das hauptfeld nach ca 40 runden wieder ein und erntet für die erste überrundung des rennens einen pizzagutschein der pizzeria salvatore palmieri im wert von 50 euro als prämie.


[der gnadenlose kampf um die pizza. heiko hält sich raus.]

während ich noch überlege, ob mir das überrundungssponsoring im nächsten jahr nicht 60 euro wert sein sollte, entsteht unter den zuschauern unruhe. heiko fischer hat sich um vier positionen nach vorne geschoben. jetzt gehts los. offensichtlich hat die überrundung durch das spitzensextett wirkung gezeigt. eine runde später befinden sich sogar fünf fahrer hinter dem sieger von straelen. sein gesichtsausdruck wirkt jedoch ein wenig angestrengt. vielleicht ist er auch nur über die unglaubliche endgeschwindigkeit erschrocken, mit der er seine position nun verteidigt. "jetzt packst du sie!" rufe ich ihm ermutigend zu, als das feld das nächste mal die ziellinie überfährt.

eine runde später hat sich das bild geändert. heiko fischer hat wieder jenen entspannten gesichtsausdruck der ersten runden. er ist allerdings auch wieder letzter. das feld ist jetzt langgezogen, was nach meinung der umstehenden experten auf hohes tempo schliessen lässt. "bleib dran, heiko!" bekommt unser schützling (und inzwischen auch der unserer nachbarn) bei der nächsten zieldurchfahrt zu hören.

ermuntert durch soviel enthusiastischen zuspruch verringert fischer den abstand zum vorletzen auf weniger als fünf meter. diese distanz hält er für die nächsten fünfzehn runden. es bleiben noch zwanzig.

vielleicht ist es zeit für die fans, die eigene erwartungshaltung zu überdenken. den barmener blitz scheint seine position nicht wirklich zu beunruhigen. der letzte siegeswille ist dem gesicht nach wie vor nicht zu entnehmen, und die geradezu unnatürliche anstrengung des kurzen vorstosses aus rennposition 97 scheint ihm im nachhinein eher albern vorzukommen.


[heikos sicht der dinge: den vordermann stets fest im visier.]
als sein kontrahent auf der vorletzten position kurz aus dem tritt kommt, überholt fischer ihn fast widerwillig. der verlust der schlussposition ist jedoch auch nur von kurzer dauer. nach einigen hundert metern ist unser mann wieder beruhigender letzter.



[einmal war der fotograf (danke ralph!) schnell genug: der blitz aus barmen kurz nach der zieldurchfahrt.]

nach zweieinhalb stunden fahrzeit und allerhand packenden sprinteinlagen am anderen ende des feldes rollert heiko fischer über die ziellinie. er hat seine position gehalten. nach dem rennverlauf ist dieser ausgang als verdient zu bezeichnen. ich glaube, im vorbeifahren ein letztes verlegenes lächeln auf seinem gesicht zu erkennen. ein lächeln, dass fragen aufwirft:

vielleicht ist es ihm im nachhinein peinlich, dass er in der mitte des rennens so unangemessen überschäumend fuhr? oder hätte er seinen fans doch gerne mehr geboten? oder war "ankommen" alles, was er sich für diesen nachmittag vorgenommen hatte? fährt ein junger und gesund wirkender mensch wirklich 88 runden im kreis über düsseldorfs flaniermeile, mit dem ziel, letzter des hauptfeldes zu werden? nur unterboten von denen, die vorzeitig vom rad stiegen? quasi als "start-ziel-verlierer"? steht man dafür sonntags auf?

noch bevor wir ihn dies alles fragen können, ist heiko fischer wie der blitz aus dem zielraum verschwunden. auf zu neuen taten. weiter auf seinem ganz eigenen weg an die spitze. einem weg, den wir im auge behalten sollten.

5 Comments:

Teltschik said...

wie soll der mann vor so einer kulisse auch spitzenleistungen bieten. naechstes jahr kö-graben einebnen und muellverbrennung hinsetzen ... dann klappt's auch bei herrn fischer.

der typ im telekom shirt ist ja wohl eindeutig sebastian deisler :-)

4:47 AM  
Der Klappermax said...

das ist klossartig, das ist schnabelhaft. dieser erzähstil. eine kombination aus der leichtigkeit einer afrikanischen taube und dem tiefgang der andrea doria. das gehört nicht in die versunkene stille eines anonymen blogs, das muss auf die grosse bühne des sports, wenn nicht gar in die feuilletons. ich möchte hier die worte von katharina valente bemühen: chapeau - hut ab!

9:50 AM  
great dynamo said...

tja-ha. die inspiration, die von großen sportlichen leistungen ausgeht, wird gemeinhin unterschätzt.

11:13 AM  
dem heiko sein kapitän said...

das ist absolut typisch für heiko. als er in straelen gewonnen hat, hat er im training absolut nichts drauf gehabt, hat aber das halbe rennen von der spitze aus gefahren, die spitzengruppe allein am laufen gehalten und am ende niedergesprintet. wenn er dann im training gut fährt macht er im rennen so nen mist. davon ab, rund um die kö ist aber auch wirklich ne scheißrunde.
davon abgesehen hab ich mich bei dem artikel weggeschrien. wer heiko kennt kann da glaube ich nicht anders.
mit dem anderen fischer auf dem foto ist er übrigens nicht verwandt.
alles in allem war dieser artikel eine passende beschreibung für so gut wie jedes rennen von heiko, bei dem er sich denkt, dass er eh nichts wird.
bei rennen mit großen runden und viel windkante idealerweise noch regen und kälte fährt er für seinen trainingsaufwand allerdings sehr gut. da macht er den gleichen blödsinn, allerdings nur vor dem feld, soll heißen er fährt alleine im wind, nur diesmal nicht hinterher sondern vorne. ehrlich gesagt verstehe ich auch nicht wie und wieso er das so macht, aber das isser nun mal.
wie seid ihr eigentlich auf die idee zu diesem artikel gekommen, hab das nur durch zufall hier gelesen.

10:09 AM  
great dynamo said...

hallo käpt'n,

vielen dank für den kommentar!

es freut mich, dass du quasi aus erster hand unseren eindruck von heiko bestätigen kannst.

wir sind hier wirklich keine radsportexperten, aber sein verhalten bei diesem rennen kam uns schon komisch vor. und nur deshalb kam es auch zu diesem artikel. wir schreiben hier nämlich eigentlich nur über dinge, die uns komisch vorkommen.

jetzt, wo wir tatsächlich den direkten draht haben (das internet ist was tolles, oder?) würden wir uns natürlich über aktuelle infos freuen. wann geht heiko fischer mal wieder hier in der nähe an den start? startet er wieder auf der kö? was sagt er selbst zu seinem rennverhalten? und vor allen dingen: warum tritt er auf so einer "scheissrunde" wie "rund um die kö" überhaupt an, wenn er sich nix ausrechnet? ich stelle mir das furchtbar nervig vor, da zwei stunden lang für nix und wieder nix im kreis zu fahren.

gerne würde ich ihm diese und andere fragen mal mailen, und er könnte dann seine antworten dazu zurückmailen. ein email-interview quasi.

kannst ihn ja mal fragen.

viele grüße nach barmen!
gd

3:30 PM  

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